So fütterst du dein Baby bedürfnisorientiert mit der Flasche
Eltern begegnen immer wieder den Meinungen anderer. Es werden Meinungen kund getan zum Schlafverhalten, zu bestimmten Rhythmen und Ritualen und auch zur Ernährungsform. Wenn Eltern ihr Baby mit der Flasche füttern, begegnen sie oft sehr unterschiedlichen Aussagen wie "Warum wird das Baby nicht gestillt?" oder "So kann der Papa endlich auch mal übernehmen und sich beteiligen." Oft stehen auch Vorwürfe im Raum, dass das Flasche füttern weniger gut für das Kind sei und dass unter dem Flaschefüttern die Bindung zum Kind leiden würde.
Ich denke, es ist mittlerweile allen bewusst, dass Muttermilch die optimale Nahrung für Babys ist. Sie ist perfekte auf die Bedürfnisse, das Alter und den Entwicklungsstand abgestimmt. Gleichzeitig sind die Gründe für das Nicht-Stillen oder das Nicht-Ausschließliche-Stillen sehr vielfältig. Es gibt Frauen, die wollen nicht stillen. Es gibt Frauen, die haben versucht zu stillen und haben nach verschiedenen Problemen und mangelnder Unterstützung aufgeben müssen. Und es gibt Frauen, die wünschen sich Freiheit und Unabhängigkeit und wollen dabei das Stillen nicht vollständig aufgeben.
Immer wenn parallel noch gestillt wird und ein Stillwunsch besteht, sollte nach Möglichkeit, eine andere (Zu-)Füttermöglichkeit als die Flasche genutzt werden. Nicht selten kommt es hier zu Saugverwirrungen, wobei sich dies natürlich nicht mit Sicherheit voraussagen lässt. Stillfreundliche Zufüttermethoden sind das Brusternährungsset (kurz BES) oder das Füttern mit einem Becher, was auch schon bei Neugeborenen funktionieren kann.
Ich finde es falsch, Eltern zu verurteilen. Insbesondere in diesem Fall, wenn es um das Flaschefüttern geht. Mit der Flasche kann ebenso bedürfnisorientiert gefüttert werden. Wenn wir darüber nachdenken, worauf wir dabei achten sollten, lohnt es sich einen Blick auf das Stillen zu werfen, denn das Stillen kann uns hierbei als Vorbild dienen. Beim Stillen werden viel mehr Bedürfnisse als nur die reine Versorgung mit Nahrung erfüllt. Diese weiteren Bedürfnisse wie das Vermitteln von Sicherheit und Nähe können beim Flaschefüttern ebenfalls befriedigt werden.
Wenn du stillst oder gestillt hast, kommen dir viele Aspekte sicher bekannt vor. Ich möchte dir hier konkrete Anregungen geben, wie du die Füttersituation gestalten kannst, worauf du achten kannst und warum diese Faktoren bedeutsam sind.
Inhaltsangabe
1. Achte auf die Signale deines Babys
Du kannst dich auch beim Füttern mit der Flasche nach dem Bedarf deines Babys richten. Es macht wenig Sinn, starre Abstände, eine bestimmte Anzahl an Mahlzeiten und die Füttermenge bei allen Mahlzeiten gleich zu halten, ohne dich dabei an deinem Baby zu orientieren. Die Herstellerangaben auf der Pulververpackung sind daher oft irreführend und passen nicht zu den Mengen und/ oder dem Rhythmus deines Babys.
Dein Baby wird dir signalisieren, wenn es Hunger hat. Es wird aktiver werden, den Kopf drehen und suchende Bewegungen, schmatzende Geräusche machen und beispielsweise an der Hand saugen. All das sind mögliche Hungerzeichen in den ersten Lebenswochen. Später ist beispielsweise das Saugen an der Hand kein klassisches Hungerzeichen mehr. Wenn dein Baby wirklich weint und schreit vor Hunger ist das ein sehr spätes Hungerzeichen. Wenn möglich, solltest du darauf achten, dass du die Flasche bereits vorbereitest, wenn dein Baby erste kleine Hungerzeichen zeigt.
Doch nicht nur, was den Beginn und den Abstand der Mahlzeiten betrifft, kannst du dich nach deinem Baby richten. Auch während der Mahlzeiten gibt dein Baby dir immer wieder Signale, auf die du achten kannst. Möglicherweise trinkt es sehr hastig, verschluckt sich und/ oder kommt mit dem Atmen kaum hinterher. In dem Fall bietet es sich an, eine Pause zu machen, sowie nochmal genau nach der Haltung deines Babys zu schauen. Dazu komme ich später noch genauer. Du kannst die Flasche also aus dem Mund nehmen und beispielsweise an das Kinn halten, sodass dein Baby weiß, dass die Flasche noch da ist. Alternativ kannst du es auf die Schulter nehmen, wenn du vielleicht das Gefühl hast, dass es mal aufstoßen muss.
Was den Beginn der Mahlzeit anbelangt, ist noch wichtig zu erwähnen, dass du warten solltest bis dein Baby den Mund wirklich weit öffnet bevor du die Flasche in den Mund schiebst. Hierfür kannst du mit dem Sauger etwas an der Oberlippe entlangfahren. Dabei öffnen die meisten Kinder den Mund. Wenn der Mund offen ist, gibst du die Flasche schnell den Mund.
Wenn dein Baby den Kopf wegdreht, einschläft oder sichtlich unruhig wird, ist es möglicherweise satt, vielleicht möchte es auch nur eine kurze Pause. Wenn es den Mund nicht mehr öffnet und die Flasche entsprechend nicht mehr in den Mund nehmen möchte, hat es wahrscheinlich keinen Hunger mehr. Selbst wenn noch etwas Milch in der Flasche sein sollte, solltest du dein Baby nicht zum Weitertrinken zwingen. Ich schreibe in diesem Artikel jedoch ausschließlich über gesunde Kinder mit einer ausreichenden Gewichtszunahme. In Ausnahmefällen muss eventuell anders gefüttert werden.
Falls du merkst, dass du sehr angespannt bist, wenn du dein Baby fütterst, weil du immer wieder auf die Milchmenge in der Flasche schaust, dann bietet sich ein einfacher Trick an. Du kannst ganz simpel eine Socke von dir über die Flasche ziehen, sodass du nicht mehr sehen kannst, wie viel Milch sich noch in der Flasche befindet. Wahrscheinlich kannst du dich so besser auf dein Baby und seine Signale konzentrieren.
2. Wechsle die Seite beim Flaschefüttern
Beim Flaschefüttern neigen wir dazu, das Baby immer in einer Position, auf einer Seite zu füttern. Beim Stillen stellt sich diese Wahl nicht, da die allermeisten stillenden Frauen beide Brüste stillen. Auch beim Füttern mit der Flasche ist es sinnvoll, die Seite zu wechseln.
Das fühlt sich möglicherweise anfangs etwas merkwürdig an, doch du wirst dich daran gewöhnen. Für dein Baby kann das übrigens anfangs ebenfalls ungewohnt sein, doch auch dein Baby wird sich daran gewöhnen.
Wenn beidseitig gefüttern wird, werden die Muskulatur und die Wahrnehmung gleichmäßiger gefördert. Reize kommen mal von der einen und mal von der anderen Seite. Um die Muskulatur noch etwas zu fördern, kannst du beim Füttern mit der Flasche auch immer etwas gegenhalten, wenn dein Baby saugt. So muss es noch kräftiger saugen. Du solltest jedoch nicht so kräftig ziehen, dass dein Baby die Flasche nicht im Mund behalten kann oder immer wieder abrutscht.
Der Seitenwechsel bietet sich übrigens an, wenn dein Baby beim Flaschefüttern zwischendurch ohnehin eine Pause macht. Wenn du es also auf die Schulter nimmst, damit es ein Bäuerchen machen kann, kannst du im Anschluss auf der anderen Seite weiterfüttern.
3. Halte dein Baby eng und sicher
Dein Baby sollte sich beim Füttern immer eng und sicher gehalten fühlen. Es sollte stabil sein, Kopf und Körper sollten ausreichend unterstützt sein. Wenn die Position nicht ausreichend stabil ist, muss dein Baby muskulär sehr viel mitarbeiten, ist möglicherweise angestrengt und abgelenkt, um überhaupt in einer guten Position zu bleiben oder dorthin zu kommen.
Außerdem ist das Halten der Flasche dann eventuell anstrengender, weshalb dein Baby nicht entspannt saugen kann. So entsteht zusätzlich ein nicht optimales Saugmuster, weil dein Baby wahrscheinlich mehr Druck über die Lippen und die Zunge aufbauen muss, was das ganze Füttern verkrampft und ineffektiv machen kann.
Achte also darauf, dass du dein Baby wirklich stabil hältst und eventuell zusätzlich mit Kissen unterstützt, damit es nicht wegrutschen kann.
Eine möglichst aufrechte Position ist hierfür optimal, weil dein Baby so auch leichter ausscheiden und die Luft, die möglicherweise mit geschluckt wird, leichter wieder aufstoßen kann.
4. Füttere in einer für dich bequemen Position
Wenn du beispielsweise bei jeder Mahlzeit ohne irgendeine Unterstützung durch Kissen oder Armlehne oder Ähnlichem fütterst, wird deine Muskulatur irgendwann erschöpft - vor allem wenn die Mahlzeiten lange dauern und dein Kind zunehmend schwerer wird. Wenn dein Arm erschöpft ist, rutscht er wahrscheinlich etwas tiefer, sodass dein Baby mehr arbeiten muss, was, wie ich oben beschrieben habe, ungünstig ist.
Folglich ist es wichtig, dass du für dich ebenfalls auf eine bequeme, stabile Position achtest. Alles, was du halten musst, wie beispielsweise deinen Arm, kannst du gut mit Kissen oder einer Armlehne (auf einer passenden Höhe) unterstützen.
Du kannst zusätzlich den unteren Rücken entlasten, indem die Füße auf einen Hocker stellst beim Füttern.
Mit dem Füttern verbringst du, gerade in den ersten Wochen nach der Geburt, relativ viel Zeit. Es ist daher wichtig, dass du dabei keine Schmerzen hast oder dass es irgendwie unbequem ist. Schaffe dir am besten schon bevor dein Baby riesigen Hunger hat, einen guten und gemütlichen Fütterplatz. So kannst du die Zeit mit deinem Baby besser genießen.
Hinzu kommt, dass dein Baby genau spürt, wenn du angespannt bist, weil es für dich vielleicht nicht wirklich bequem ist. Es spiegelt dich und ist ebenfalls angespannt. Seine Unruhe macht dich wiederum noch angespannter und gestresster, sodass ein Teufelskreislauf entsteht.
5. Gebe deinem Baby Hautkontakt beim Füttern
Wenn wir schauen, was für die Bindung zu unserem Baby von Bedeutung ist, begegnen wir schnell dem Hormon Oxytocin. Oxytocin ist das Hormon, welches auch Kuschel- oder Liebeshormon genannt wird. Es wird nämlich dann ausgeschüttet, wenn wir uns wohlfühlen und wenn wir in direktem Körper- besser noch Hautkontakt miteinander sind.
Für Babys ist Hautkontakt noch einmal besonders bedeutsam, wie ich in meinem Artikel Babys brauchen Körperkontakt und Nähe ausführlicher beschrieben habe. Zusammenfassend lässt sich jedoch sagen, dass Hautkontakt eine ganze Reihe positiver Auswirkungen hat auf ganz verschiedenen Ebenen - organisch, psycho-emotional, in Bezug auf die Selbstwahrnehmung, die Kommunikation und sogar den Schlaf deines Säuglings.
Beim Füttern mit der Flasche hast du wahrscheinlich selten direkten Hautkontakt zu deinem Baby. Du könntest darauf achten, dass du zumindest ab und zu etwas Hautkontakt beim Füttern mit deinem Baby genießt. Natürlich sollte euch beiden dabei warm genug sein. Dein Partner/ deine Partnerin kann ebenfalls regelmäßig im Hautkontakt füttern.
6. Wähle einen passenden Sauger aus
Die Wahl des Saugers ist ebenfalls bedeutsam für das bedürfnisorientierte Füttern mit der Flasche. Dieses Thema möchte ich hier jedoch nur kurz anschneiden.
Insgesamt kannst du dich bei der Wahl des Saugers ebenfalls an dem Vorbild der Brust(warze) orientieren. Der Sauger sollte eine runde, lange Form haben, sollte möglich weich und daher beweglich und verformbar sein. Der Sauger sollte eine breite Auflagefläche bieten, damit dein Baby den Mund wirklich weit öffnen muss. Sinnvoll ist außerdem, wenn die Oberfläche etwas Struktur bietet, der Sauger also zumindest teilweise etwas milchig ist. So ähnelt die Struktur mehr der Haut.
Bezüglich der Lochgröße ist es ratsam, dass immer mit dem Sauger mit dem kleinsten Loch gefüttert wird. Wenn du die gefüllte Flasche umdrehst, sollte höchtest ein Tropfen pro Sekunden herauslaufen. Nur so muss dein Baby wirklich arbeiten beim Trinken und lässt die Milch nicht einfach in den Mund hineinlaufen.
In vereinzelten Situationen kann die Wahl des Saugers anders ausfallen - wenn beispielsweise eine Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte vorliegt oder wenn dein Baby ein Frühchen und noch sehr klein ist. Insgesamt sollten daher natürlich auch die individuellen Bedürfnisse deines Baby berücksichtigt werden.
Kleine Anmerkung zum Schluss und Fazit
Alle Tipps zum Flaschefüttern, die ich hier beschrieben habe, gelten für gesunde Babys mit einer ausreichenden Gewichtszunahme. Bei kranken Babys oder Babys mit einer Gedeihstörung muss möglicherweise anders gefüttert werden.
Was nicht erwähnt wird, was auch eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist, dass du dein Baby mit der Flasche nicht alleine lassen solltest. Dein Baby sollte immer bei dir direkt gefüttert werden.
Wie du gesehen hast, kannst du beim Flaschefüttern eine ganze Reihe von Aspekten umsetzen, um die Füttersituation bedürfnisorientiert zu gestalten. Das betrifft den Rhythmus der Mahlzeiten, die Positon beim Füttern, die Wahl des Saugers und vieles mehr.
Ich hoffe, du konntest etwas aus diesem Artikel mitnehmen. Wenn du Fragen oder Anmerkungen hast, schreib mir gerne einen Kommentar unter diesen Artikel!
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