Wofür ich mich während der Geburt schäme
Ich kenne viele Frauen, die auch während der Geburt Schamgefühle haben, Angst haben, etwas falsch zu machen, oder aber nicht den Erwartungen zu entsprechen. Auch auf mögliche Schamsituationen während der Geburt möchte ich hier eingehen. Insgesamt hindern uns unsere Schamgefühle uns frei zu entfalten und uns von unserer Intuition lenken zu lassen.
Scham ist deshalb so hinderlich, weil sie uns verkrampfen lässt. Sie versetzt uns in eine Alarmbereitschaft, welche für eine Geburt nicht förderlich ist. In Alarmbereitschaft werden Organe aktiviert, welche für den Kampf oder die Flucht zuständig sind (Sympathikus). Das Herz schlägt schneller und die Durchblutung der Extremitäten wird gesteigert, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Nun brauche ich aber für eine entspannte Geburt genau das Gegenteil. Ich benötige Ruhe und Entspannung. Die Durchblutung und damit die Sauerstoffversorgung werden im Bauch und auch für das Baby in Alarmbereitschaft eingeschränkt, weil die Priorität anders liegt.
Pia Mortimer hat in ihrem Artikel auch bereits darüber geschrieben, wie wir unsere Scham und unsere Ängste loswerden können (in Kurzfassung) und was wichtige Faktoren für eine entspannte Geburt sind. Ich möchte im Folgenden auf mögliche schambesetzte Aspekte in Bezug auf die Geburt eingehen.
Wichtig ist dabei, sich eine Umgebung zu schaffen, in der ich mich sicher fühlen kann. In der ich keine Angst habe, laut zu sein. Auch im Krankenhaus kann eine solche Umgebung geschaffen werden. Es müssen nicht ständig fremde Menschen herein kommen, um nur ein Beispiel zu nennen. Um dabei für die eigenen Bedürfnisse zu sorgen, kann ein Partner hilfreich sein, der diese klar kommuniziert. Dadurch kannst du dich ganz auf dich und dein Baby fokussieren.
Zu laut
Vielen Frauen hilft es unter der Geburt laut zu sein, zu tönen oder zu singen. Es unterstützt die Kraft der Wellen. Zudem gibt es eine Verbindung zwischen Muttermund und dem Mund. Ich habe schon Hebammen gehört, die gesagt haben, dass sie die Muttermundsöffnung auch an der Öffnung des Mundes während der Wehen erkennen können.
Wenn du zu den Frauen gehörst, denen es gut tut, leise zu sein, ist das vollkommen in Ordnung. Wenn du allerdings zu der Mehrheit der Frauen gehörst, denen das Unterstützen der Kontraktionen durch Töne hilft, ist auch das in Ordnung und gut so.
Stuhlverlust
Unter der Geburt kommt es nicht selten vor, dass Frauen ungewollt auch etwas Stuhl verlieren. V.a. in der sogenannten Austreibungsphase, also dem "Pressen", kommt es dazu. Grund dafür ist das starke Mietschieben während der Wehen. Dabei wir automatisch auch Druck auf den Darm mit ausgeübt und die Muskeln, die den Darm umgeben, werden mit angespannt. Das ist ein normaler Vorgang und überhaupt nicht schlimm. Viele Frauen ekeln sich davor und schämen sich, wenn andere Menschen mit dabei sind, besonders wenn es fremde Menschen sind.
Im Krankenhaus wird dann vorher nicht selten ein Einlauf gemacht, um den Darminhalt vor dem Pressen auszuscheiden. Auch bei Haus- oder Geburtshausgeburt ist das natürlich möglich. Notwendig ist es jedoch nicht. Das Baby kann nicht durch Stuhl "verunreinigt" werden oder davon krank werden. Meist kommt es auch gar nicht in Kontakt mit den Ausscheidungen.
Fremde sehen mich nackt
Zunächst einmal: Niemand wird gezwungen bei einer Geburt nackt zu sein. Das ist nicht notwendig. Ich kenne mehrere Frauen, die ein kurzes Kleid oder einen Rock bei der Geburt getragen haben, weil sie genau dieses Nacktsein nicht wollten. Jede Schwangere sollte da schauen, was sie für sich braucht, wie sie sich am wohlsten und sichersten fühlt.
Der andere Aspekt ist aber auch, dass jeder Geburtshelfer bereits nackte Frauen bei der Geburt gesehen hat. Egal, ob dick oder dünn, ob mit oder ohne Schwangerschaftsstreifen. Es ist deren Job, dich bei deiner Geburt so zu begleiten, wie du es brauchst. Wichtig ist dabei immer, seine Wünsche und Bedürfnisse klar vor Augen zu haben und zu äußern (oder durch den Partner deutlich zu machen).
Mein Mann findet mich danach abstoßend
Ich glaube fest daran, dass eine starke und stabile Beziehung, die Erfahrung einer Geburt noch zusätzlich stärkt und festigt. Männer sehen ihre Frauen, wie sie zu Löwinnen werden, wie sie tun, was von ihnen viel Kraft, auch mental, abverlangt. Sie sehen, wie stark ihre Frauen sind und sie sehen, wie sie ihnen das wunderbarste Geschenk der Welt machen, indem sie das Kind gebären.
Ja, eine Geburt ist eine sehr intensive Erfahrung und ganz egal, wie sie verläuft das Erleben muss erstmal verarbeitet werden. Dein Mann wird dich danach mit Sicherheit anders sehen, aber ganz bestimmt nicht abstoßend. Dabei ist es ganz egal, wie die Geburt verlaufen ist, ob es eine vaginale Geburt oder Kaiserschnitt war. Jede Geburt erfordert ein unglaubliches Maß an Stärke.
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