Sprachen:

Kleine Materialkunde - Stoffwindeln [6 Materialien]

geschätzte Lesezeit: 6 Minuten bearbeitet am: 11.02.23

Bei Stoffwindeln gibt es verschiedene Materialien, die verwendet werden können. Für den Nässeschutz und die Saugeinlagen gibt es hier unterschiedliche Möglichkeiten. Die Stoffe weisen dabei allerhand Eigenschaften auf, sodass eine Windel individuell zusammengestellt oder ausgewählt werden kann. In diesem Artikel möchte ich euch die Materialien kurz vorstellen. Wer mit den unterschiedlichen Systemen nicht viel anfangen kann: Demnächst werden die Systeme in einem weitteren Artikel vorgestellt.

Baumwolle

Baumwolle ist das Naturmaterial, welches am meisten verwendet wird. Es erfüllt eine saugende Funktion. Dabei kann es in allen Stoffwindelsystemen genutzt werden, bspw. Mullwindeln, AIO's oder Prefolds. Sie kann glatt gestrickt oder auch aufgeraut verwendet werden. Ein Beispiel wäre hier Mollton, welches dicker als Mull und damit auch saugstärker ist.

Die Baumwollfaser ist eine Naturfaser und wird aus den Samenhaaren der Baumwollpflanze gewonnen. Die Pflanze erfordert einen hohen Wasserverbrauch im Anbau. Sie ist eigentlich eine tropische Pflanze und wächst in heißen, trockenen Gegenden und ist daher kein regionales Material. Wenn es sich nicht um einen kontrolliert biologischen Anbau (kbA) handelt, werden Pestizide verwendet, weil sie sehr anfällig ist.

Als Saugmaterial ist Baumwolle sehr robust und langlebig. Sie ist sowohl saugstark, saugschnell und speichert Nässe. Dadurch eignet sie sich gut als oberste Schicht. Außerdem hat Baumwolle ein sehr geringes Allergiepotenzial und gilt als sehr hautfreundlich. Damit ist sie der perfekte Allrounder für Stoffwindeln.

Hanf

Hanf wird ebenfalls als Saugmaterial verwendet und ist besonders bei Nachtwindeln oder Kindern, die viel pinkeln sehr beliebt. Er wird bspw. in Einlagen oder Höschenwindeln verwendet. Auch Hanf kann glatt oder aufgeraut sein. Häufig taucht er als Gemisch mit Baumwolle auf. Hanf ist äußerst langlebig und pflegeleicht.

Im Anbau sind bei Hanf kaum Pestizide notwendig, weil die Pflanze sehr schädlingsresistent ist. Auch wird dabei wenig Wasser benötigt, weshalb er eine gute Ökobilanz hat. Er kann nahezu überall angebaut werden. Es handelt sich um eine Bastfaser, von der die Stängel verwendet werden. Diese werden gebrochen und gewalzt, wodurch sich die Hanffasern vom Rest der Pflanze lösen. Dieser Prozess wird Faseraufschluss genannt.

Hanf als Saugmaterial ist sehr unempfindlich, wirkt aber auch schnell "steif", besonders wenn kein Trockner genutzt wird. Er ist sehr saugstark und speichert viel Nässe, weshalb sich dieses Material als Saugmaterial für die Nacht anbietet. Allerdings ist Hanf sehr langsam in der Sauggeschwindigkeit. Daher emfpiehlt es sich, ihn nicht als oberste Schicht zu verwenden.

Mikrofaser

Auch Mikrofaser wird meist als Saugmaterial verwendet und kann in verschiedenen Systemen genutzt werden. So wird sie als Saugeinlage, aber auch in AIO's oder Pocketwindeln verwendet. Sie hat, je nach Verarbeitungsform, eine nässesaugende, nässeschützende oder nässedurchlässige Funktion.

Bei Mikrofaser handelt es sich um eine Kunststofffaser, welche aus Erdöl und Chemikalien hergestellt wird. Diese Faser wird zu einem sehr feinen Garn versponnnen und ist sogar feiner als Seide. Es gibt hierbei unterschiedliche Verarbeitungsformen wie Schlingen oder Fleece. Mikrofaser ist meist unangenehm auf der Haut, da sie der Haut Feuchtigkeit entzieht.

Fleece hat eine nässeschützende Funktion, ist dabei jedoch nicht vollständig wasserundurchlässig. Dafür ist es deutlich atmungsaktiver als Polyurethanlaminat (PUL).

Mikrofaser ist insgesamt waschempfindlich, Seife muss gut ausgewaschen werden. Allerdings ist sie sehr saugstark und sehr saugschnell. Nässe speichert sie allerdings kaum und gibt diese sobald Druck darauf ausgeübt wird, teilweise wieder ab. Mikrofaser wirkt oberflächlich trocken und leitet Nässe gut weiter.

Bambusviskose

Bambusviskose wird ebenfalls als Saugmaterial in Stoffwindeln verwendet. Oft taucht sie als Materialgemisch mit Polyester oder Baumwolle auf. Bambusviskose kann ebenfalls glatt oder aufgeraut sein. Sie kann an einem leichten Glanz erkannt werden (glänzt mehr im Vergleich zu Baumwolle). Auch kann Bambusviskose als Frottee verarbeitet sein und ist dann besonders saugstark. Wenn die Bambusviskose einen Polyesterkern hat, nennt sie sich Zorb. Zorb schrumpft beim Waschen stark, hat aber eine sehr hohe Saugfähigkeit. Bambusviskose wird in Einlagen, Prefolds, AIO's oder Höschenwindeln verwendet.

In der Herstellung wird das Holz, der Bambus, gehäkselt und mithilfe von Chemikalien zu einer klebrigen Masse aufgespalten, der Viskose. Durch eine Düse wird sie zu einer Faser gespritzt. Dadurch ist zwar der Ausgangsstoff ein natürliches Material, das Endprodukt ist jedoch kein natürlicher Stoff mehr. Es handelt sich um eine Kunstfaster.

Da es sich bei Bambusviskose, wie auch bei Mikrofaser, um eine Kunstfaser handelt, ist es etwas waschempfindlich gegenüber Cellulase. Es ist jedoch sowohl saugstark, saugschnell und nässespeichernd. Damit ist Bambusviskose, ebenso wie Baumwolle, ein Universalmaterial.

Wolle

Wolle hat eine nässeschützende Funktion und stellt die einzige Möglichkeit des natürlichen Nässeschutzes dar, bezogen auf das Material. Sie wird als Überhose oder als Nässeschutz bei SIO's verwendet. Meist ist sie dabei doppelt gestrickt und muss in jedem Fall gefettet werden. Das Fetten muss, außer bei Verschmutzung oder Nässedurchlässigkeit, maximal alle zwei Wochen erfolgen. In der Regel reicht das Waschen alle vier Wochen. Wolle kann glatt gestrickt sein (fein oder grob) oder auch gewalkt.

In der Herstellung wird meist Schurwolle vom (Merino-)Schaf verwendet. Hier würde ich auf kontrolliert biologische Tierhaltung achten.

Wolle ist etwas pflegebedürftig. So erfordert sie eine spezielle Wollwäsche mit Wollwaschmittel und muss nach dem Waschen gefettet werden, da beim Waschen der natürliche Lanolin-Gehalt verloren geht. Sie wärmt und kühlt je nach Außentemperatur, ist also temperaturausgleichend. Sie ist atmungsaktiv und zu einem großen Teil selbstreinigend. Außerdem neutralisiert sie Geruch, weshalb sie gerne als Überhose für nachts verwendet wird. In der Regel wirkt sie oberflächlich trocken, kann aber bis 30% des Eigengewichts an Nässe speichern.

Polyurethanlaminat (PUL)

PUL wird als Nässeschutz in verschiedenen Systemen wie bspw. AIO's, SIO's, Pocketwindeln oder Überhosen verwendet. Polyurerthan (PU) wird dabei auf einen Stoff, in der Regel Polyester, mit Kleber laminiert. Der Kleber wird mit kleinen Punkten aufgetragen, welche auch sichtbar sind. Thermoplastisches Polyurethan (TPU) sieht genauso aus wie PUL und hat auch die gleiche Funktion, ist nämlich atmungsaktiv und gleichzeitig wasserundurchlässig.

Das Material ist in sehr unterschiedlichen Qualitäten erhältlich, was sich im Auftrag und der Stärke des Klebers bemerkbar macht. PUL ist leicht dehnbar. Beim Waschen wird je nach Hersteller die Wäsche bei 30 Grad bis 50 Grad empfohlen. Dies ist für den Garantiefall wichtig. Normalerweise sollte bei guter Qualität selbst die Wäsche bei 95 Grad kein Problem sein. Ich empfehle jedoch sich an die Waschanleitungen der Hersteller zu halten.


Ich hoffe, ich konnte euch die verschiedenen Materialien, die bei Stoffwindeln verwendet werden etwas näher bringen. Ihr konntet sehen, dass jedes Material seine Vorteile hat, aber auch oft Nachteile vorhanden sind. Daher gilt, dass ihr eine für euch passende Lösung findet.

Bildquelle:

Das Titelbild kommt von pixabay.com.

Kommentare zu diesem Artikel

Es gibt noch keine Kommentare.