Sprachen:
Interview

Im Gespräch mit Doula Corinna Albrecht

geschätzte Lesezeit: 12 Minuten bearbeitet am: 10.02.23

Corinna Albrecht arbeitet im Raum Bremen mit Frauen und (werdenden) Müttern. Seit einiger Zeit verfolge ich ihre Arbeit auf Facebook und Instagram und ich bin froh, dass sie mit mir dieses Interview geführt hat. Viel Spaß beim Lesen!

Liebe Corinna, ich freue mich sehr auf dieses Interview und bin sehr gespannt auf deine Antworten. Magst du zu Beginn vielleicht ein bisschen was von dir erzählen?

Liebe Natalie, ich danke dir ganz herzlich für die Einladung zu diesem Interview, sowie dein Interesse an meiner Arbeit.

Gern stelle ich mich zu Beginn kurz vor. Mein Name ist Corinna Albrecht, ich bin 44 Jahre alt, verheiratet und Mama von drei Töchtern, welche mittlerweile 17, 14 und fast 5 Jahre alt sind. Ich wohne mit meiner Familie sowie unseren Hunden, Katzen und Meerschweinchen in der Nähe von Bremen, in ländlicher Gegend.

Neben meiner wundervollen Berufung liebe ich es, in der Natur zu sein, ich lese gern (mehrere Bücher parallel), habe eine Leidenschaft für Vintage & Co. und derzeit entwickle ich eine eigene Methode zur Vorbereitung auf eine glückliche, friedvolle und positive Geburt, mit dem Namen: *DEINE FRIEDVOLLE GEBURT.

Zudem erfülle ich mir gerade einen Jugendtraum und habe begonnen ein Buch zu schreiben, aber Stück für Stück, ohne mich dabei unter Druck zu setzen. Deshalb wird dies auch noch dauern. Außerdem bin ich eine sehr kreative Frau, mit spannenden Facetten, welche unbedingt gelebt werden möchten. Ich sprudel quasi vor Kreativität. :)

Genau danach klingt es auch, total spannend! Du machst ja beruflich mittlerweile so viele wunderbare Sachen. Welche Themenbereiche sind dir besonders wichtig und warum?

Oh, wichtig sind mir so viele… ich versuche mich kurz zu sortieren.

Meine Themenbereiche Schwangerschaft & Geburt - Frauencoaching sowie Mamacoaching sind mir besonders wichtig. Auf meinem Lebensweg durfte ich selbst durch viele tiefgreifende Prozesse gehen und mir ist es daher sehr wichtig, all diese Erfahrungen zu teilen und meine Klientinnen darin zu unterstützen, sich zu erlauben, ein gesundes, glückliches und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Im Frauen,- und Mamacoaching sind mir die Themen; Selbstwert erkennen, Selbstfürsorge, Selbstliebe, Bedürfnisse als Frau, Weiblichkeit leben, Authentizität Gefühle und Emotionen zulassen, Annahme, Entfaltung, Unabhängigkeit, Veränderungsprozesse, Sexualität, Glaubenssätze und Muster auflösen ein besonderes Anliegen.

Ich selbst bin diesen Themen begegnet und schöpfe neben meinen Aus,- und Weiterbildungen aus einem wunderbaren Schatz an Erfahrungen.

Was ist deine Vision? Was möchtest du erreichen mit deiner Arbeit?

Mir ist es wichtig, dass ich den Frauen, aber auch den Männern neben ihren Frauen, einen Raum öffne, in welchem sie sich rundum behütet fühlen, sie sich so zeigen dürfen, wie sie wirklich sind, einem Raum, in welchem sie ernst genommen werden, sie gesehen, gehört und aufgefangen werden und einem Raum, welcher ihnen liebevolle Impulse schenkt; aus dem sie letztendlich selbstbestimmt, gestärkt, voller neuer und positiver Ideen heraustreten und ihren Weg gehen!

In unserer gemeinsamen Arbeit dürfen zudem Tabus angesprochen werden und jeder Gedanke darf endlich Aufmerksamkeit bekommen und ausgesprochen werden, ehrlich und authentisch. Als Frau, als Mama, als Mann, als Papa, als Schwangere. Es gibt kein Richtig und kein Falsch.

Meine Vision ist, dass sich Frauen endlich erlauben, ihren Wert zu erkennen, nämlich aus Liebe zu sich selbst; dass sie sich erlauben, für sich selbst einzustehen, sich zu zeigen und das mit allen ihren Facetten!

Das Miteinander ist ebenso eine Vision von mir! Frauen wie Männer. Auch wenn ich größtenteils mit Frauen arbeite sind mir die Männer enorm wichtig. Denn wir sind ein Ganzes! Miteinander - Füreinander - Nebeneinander

Ein Foto con Corinnas Albrechts Gruppenraum.

Wie bist du dazu gekommen? Hast du ursprünglich etwas anderes gemacht? Wenn ja, was hat sich verändert, dass du das nun nicht mehr tust?

Ich habe bis zur Geburt unserer ersten Tochter in einer kieferchirurgischen Praxis mit Klinikanschluss gearbeitet. Irgendwann stellte ich mir die Frage, wie es beruflich weitergehen sollte und ich spürte eine derartige Sehnsucht nach Veränderung.

Mein Interesse für Naturheilkunde, sowie für Psychologie war nicht aufzuhalten und es öffneten sich viele Türen für mich. Ich traf auf neue Herausforderungen, wertvolle Begegnungen, sowie grandiose Abenteuer und das bis heute. Ich nehme diese vergangene Zeit trotzdem als etwas Kostbares mit.

Womit hast du angefangen, als du dich selbstständig gemacht hast? Warum war dir gerade dieser Bereich wichtig? Wie hat es sich weiterentwickelt?

Als erstes habe ich mich im Bereich der Gesundheitsprävention, vor allem im körperlich- seelischen Bereich selbstständig gemacht. Dabei waren Entspannungstraining, Mentaltraining, Hypnose sowie die psychologische Beratung mein Steckenperd.

Ja, und so nahm irgendwie alles seinen Lauf. Ich begann mich immer mehr für das Thema Frauengesundheit, Schwangerschaft und Geburt zu interessieren - vor allem gerade durch die Geburt meiner Töchter und natürlich weil ich die Geburt meiner ersten Tochter als traumatisch erleben musste.

Vor 5 Jahren hatte ich alle für mich wichtigen „Methoden“ dann selbst an der Hand und ich bereitete mich mit Yoga und mit Selbsthypnose auf die Geburt unserer Tochter vor… Ja, was soll ich sagen, ich war total begeistert! Dies wollte ich unbedingt weitergeben.

An einem Tag X kam in mir auf einmal die Frage auf: Gibt es eigentlich Begleiterinnen zur Geburt? Nach eigener Internetrecherche las ich das erste Mal von einer DOULA. Wow, mein Herz hüpfte vor Begeisterung und ich hatte schon wieder den nächsten Wunsch auf meiner Liste. „Ich möchte Doula werden!“

Leider war unsere Tochter zu diesem Zeitpunkt noch zu klein. Dennoch besorgte ich mir Literatur und mein Ziel stand fest. Zu Beginn 2018 absolvierte ich dann die Ausbildung bei Melanie Schöne (Doulas in Deutschland e.V.: www.doulas-in-deutschland.de) in Karlsruhe und es kamen auch schon die ersten Anfragen. Mein Weg als DOULA begann. (mein Herz hüpft gerade beim Schreiben)

Wow, das klingt wirklich nach etwas, was dich voll und ganz erfüllt. Ich möchte im weiteren Interview noch genauer auf deine Arbeit als Doula eingehen. Doch ich kann mir vorstellen, dass einige nicht wissen, was eine Doula macht. Würdest du etwas darüber erzählen?

Gerne. Doulas sind Geburtsbegleiterinnen und sorgen zusätzlich zu einer Hebamme für eine Geburt in Geborgenheit und Würde. Sie begleiten Geburten in Kliniken, im Geburtshaus aber auch Hausgeburten.

Eine Doula ist eine geburtserfahrene Frau, welche die schwangere Frau und ihren Partner vor-, die gesamte Zeit während der Geburt, sowie nach der Geburt begleitet. Sie fördert die Selbstbestimmung und Eigenkompetenz von Mutter und Vater und richtet sich dabei ganz nach deren Wünschen und Bedürfnissen.

Eine Doula versteht die Geburt als zentrale Schlüsselerfahrung von Mutter sowie Kind. Sie übernimmt keine medizinischen Aufgaben und achtet die Arbeit einer Hebamme. Dabei unterstützt sie diese und kann deren Aufgaben ergänzen.

Ein Foto vom Kreissaal. Ein Kinderbett.

Es wird ja immer wieder über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesprochen. Als Doula hast du auch Rufbereitschaft. Wie funktioniert das mit deiner Familie? Hast du Unterstützung durch Großeltern oder Freunde, wenn du zu einer Geburt fährst? Oder ist dein Mann zu Hause?

Um als Doula arbeiten zu können, braucht es tatsächlich ein verlässliches soziales Netzwerk hinter mir. Zum Einen ist mein Mann selbstständig und er kann mich sehr gut in dieser Zeit unterstützen. Zum Anderen springen aber auch meine Eltern ein, wenn es sein muss.

Und nicht zu vergessen, im Notfall sind auch die großen Schwestern für unsere jüngste Tochter da. Bisher klappte das alles wunderbar und ich bin meiner Familie unendlich dankbar dafür, dass sie diesen Weg mit mir gehen.

Ein Foto vom Kreissaal. Der Wickeltisch und die Waage.

Wie ist es mit deinen Töchtern, sprichst du mit ihnen auch manchmal über deine Arbeit? Was sagen sie dazu? Finden sie es spannend, dass du bei Geburten dabei bist oder ist da eher wenig Interesse?

Meine Töchter interessieren sich brennend für meine Arbeit, wobei ich aus datenschutzrechtlichen Gründen ja nur begrenzt erzählen kann.

Unsere Jüngste nimmt tatsächlich vom Thema Schwangerschaft und Geburt sehr viel wahr, hinterfragt und spielt am liebsten Puppenmama. Letztens sagte sie zu mir: „Mama, wenn ich groß bin, kannst du dann auf mein Baby aufpassen, wenn ich arbeite? Und Mama, ich möchte gern zu Hause bleiben, wenn mein Baby geboren wird.“

Daran schloss sich ein wundervoller Dialog an, in welchem ich so Einiges erklären durfte. Die letze Frage löste bei mir aufgrund der jetzigen Berufspolitischen Situation tatsächlich Traurigkeit aus. Was sollte ich ihr darauf antworten, ich möchte doch zu meinen Kindern immer ehrlich sein! Sie ist fast fünf Jahre und ich bin gespannt, wie sich die Geburtspolitik noch entwickelt. Ich wünsche mir von Herzen, dass sich ihr Wunsch nach einer Hausgeburt erfüllen darf! Aber ich denke immer positiv und gebe die Hoffnung nie auf.

Ja, das stimmt. Auch ich verfolge die Entwicklung schon einige Zeit und es ist wirklich erschreckend. Schauen wir mal, in welche Richtung es gehen wird.

Du lernst die Eltern sicher vorher kennen, die du bei einer Geburt begleiten wirst, oder? Wie kann ich mir ein solches Treffen vorstellen? Fährst du dafür zu den Eltern nach Hause?

Das ist ganz unterschiedlich, wo dieses Kennenlernen stattfindet. Mal treffen wir uns in einem netten Café oder ich fahre auch gern auf Wunsch zu den Paaren nach Hause.

Bei diesem Kennenlernen erzähle ich dann über meine Arbeit als Doula, den Umfang und natürlich wird auch über das Honorar gesprochen.

Ich bringe zu diesem Treffen auch eine Mappe mit wichtigen Informationen mit. Dann lasse ich dem Paar gern eine Entscheidungszeit, ob es mich buchen möchte. Es kommt aber auch vor, dass sie sich direkt entscheiden. Sollte es zu dem Wunsch der Begleitung kommen, sprechen wir weitere Termine vor der Geburt ab. Diese finden dann bei den Eltern zu Hause statt.

Wie viele Geburten begleitest du als Doula? Wie weit fährst du? Begleitest du „alle Arten“ von Geburten?

Im letzten Jahr durfte ich 5 Geburten begleiten, in diesem Jahr sind es bis jetzt zwei. Ich fahre bis zu max. 80 km, d.h., aufgrund unserer guten Wohnlage ist es mir möglich Paare im Raum Bremen, Bremerhaven, Oldenburg, Diepholz, Vechta, Achim, Verden, Nienburg … zu begleiten.

Wie würdest du deine Tätigkeit beschreiben? Du hast es ja vorhin schon kurz beschrieben. Also was machst du konkret während einer Geburt? Lässt sich das überhaupt so pauschal beschreiben? Bist du über die gesamte Dauer einer Geburt dabei? Damit hängt vielleicht auch zusammen, warum brauche ich überhaupt eine Doula? Gibt es Situationen/ Geburten, in denen Frauen eine Doula nicht helfen würde oder in denen sie nicht notwendig ist?

Ein Foto von Corinna Albrecht beim Yoga.

Die werdende Mama ist immer Mittelpunkt unserer Begegnung. Ich gehe dabei liebevoll, wertfrei, sowie mit viel Achtsamkeit auf die Bedürfnisse der Frau ein und sorge für ihr emotionales und physisches Wohlbefinden. Während der gesamten Geburt bin ich, sofern es erwünscht ist, an der Seite der werdenden Eltern.

Tatsächlich lässt sich dies nicht pauschal sagen, was ich während der Geburt mache, da die Bedürfnisse sehr unterschiedlich sind. (liebevolle körperliche Berührungen, Massagen, zusammen atmen, verständnisvolle und aufbauende Worte, Hände streicheln, Stirn abtupfen, Wasser reichen, Rückzug und so vieles mehr).

Ich schaue genau, was es in den jeweiligen Geburtsphasen braucht, vor allem aber behüte und bestärke ich und verlasse mich dabei ganz auf meine hervorragende Intuitionen.

Zu deiner letzen Frage, liebe Natalie… Eine Doula kann immer unterstützend sein, auch bei einem Kaiserschnitt oder gar einer stillen Geburt. (siehe Aufgabenbereich einer Doula) Notwendig ist sie nicht, wenn das Paar es selbst als nicht notwendig sieht. :)

Wie sind die Reaktionen der Männer auf dich? Freuen sie sich, dass du bei der Geburt dabei bist/ sein sollst?

Tatsächlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Männer anfangs erst einmal etwas skeptisch und zurückhaltend sind. Ganz klar schwingt eben auch die Befürchtung mit, ich könnte ihnen den Platz wegnehmen.

Wenn sie mich dann aber erst einmal kennengelernt haben, verpuffen alle diese Gedanken recht schnell. Die Männer sind dann total offen und erleichtert, dass auch sie eine gewisse Unterstützung durch meine Anwesenheit bekommen.

Am Ende freuen sie sich auf unseren gemeinsamen Weg und das Miteinander. Auch wenn die Frau für mich an erster Stelle steht, ist mir das Miteinander mit dem werdenden Papa dennoch sehr sehr wichtig! Jede kleinste Anspannung im Geburtsteam kann tatsächlich auch zu einer Anspannung bei der werdenden Mama führen.

Ein Foto von Corinna Albrecht bei der Meditation.

Schön, dass du da so ganzheitlich denkst und arbeitest.

Wie sind die Reaktionen der Hebammen und Ärzte? Bist du auch schon mal auf Schwierigkeiten gestoßen?

Bisher habe ich in den Kliniken tolle Erfahrungen machen dürfen.

Die Hebammen und das Klinikpersonal waren mir gegenüber sehr wertschätzend und dankbar. Ich wurde sogar mit den Worten: „Ich hoffe, wir sehen uns mal wieder.“ oder: „Schön, dass du da warst, immer wieder gerne!“ verabschiedet. Das gibt mir natürlich sehr viel Kraft, Motivation und Selbstvertrauen.

Hattest du auch schon die Situation, dass du als Doula „gebucht“ wurdest, dann zur Geburt aber doch nicht angerufen wurdest? Oder dass du zu spät kamst?

Nein, das war noch nie der Fall.

Möchtest du sonst noch etwas über dich oder deine Arbeit erzählen?

Abschließend möchte ich einfach nur erwähnen, dass ich für meine Arbeit brenne. Sie ist Berufung und Herzensache! Ich liebe es, immer wieder.

Liebe Natalie, ich danke dir von Herzen für dieses tolle Interview. Es war eine neue Erfahrung für mich. Durch das Schreiben hat sich wieder einiges in mir bewegt. In Verbundenheit, deine Corinna

Corinna, vielen vielen Dank für das Interview. An deinen Antworten kann ich förmlich deine Begeisterung für deine Arbeit spüren. In vielen Aspekten denken wir so ähnlich. Ich bin froh, dass ich dir diese Fragen stellen durfte. Danke!

Noch mehr über Corinna und ihre Arbeit als Doula erfährst du auf ihrer Website rundum-behuetet.de

Bildquelle:

Das Titelbild kommt von unsplash.com.

Kommentare zu diesem Artikel

Es gibt noch keine Kommentare.