Unsagbar – Ein Buch, das betroffen macht und zum Zuhören auffordert
Ich weiß nicht genau, warum mich Unsagbar angesprochen hat. Vielleicht, weil über Vergewaltigung noch immer viel zu wenig gesprochen wird. Vielleicht, weil wir meist Fachleute hören, aber selten die Betroffenen selbst. Jedenfalls war ich interessiert daran, was Jana Baumann und Anne Roth in diesem Buch zu sagen haben.
- Allgemeine Informationen zum Buch Unsagbar
- Die Autorinnen Jana Baumann und Anne Roth
- Worum geht es in Unsagbar?
- Meine Meinung zum Buch
- Deine Meinung ist gefrage
Allgemeine Informationen zum Buch Unsagbar
Unsagbar – Was Vergewaltigung bedeutet und wie ich zurück ins Leben fand ist ein gemeinsames Werk von Jana Baumann und der Traumatherapeutin Anne Roth. Es erschien am 11. September 2024 im Mosaik-Verlag, umfasst 208 Seiten und ist als gebundene Ausgabe (22,00 €) sowie als Kindle-Version (16,99 €) erhältlich.
Das schlichte, in Grau gehaltene Cover zeigt den Titel umgeben von leicht verschwommenen Farbkreisen – vielleicht ein Symbol für die diffuse, kaum greifbare Erfahrung von Trauma. Der Klappentext macht klar: Dieses Buch erzählt die Geschichte einer Frau, die vergewaltigt wurde – und ihren Weg, mit diesem Erlebnis zu leben.
Die Autorinnen Jana Baumann und Anne Roth
Jana Baumann, geboren 1980, arbeitet als systemische Unternehmensberaterin. Auf ihrer Website jana-baumann.com beschreibt sie, wie sie mit modernen Methoden der Organisationsentwicklung Einzelcoachings und Gruppenworkshops anbietet. Vor ihrer Selbstständigkeit war sie über zwölf Jahre in einem internationalen Unternehmen tätig.
Anne Roth, Jahrgang 1988, ist Psychotherapeutin mit dem Schwerpunkt Psychotrauma. Sie war u. a. bei der Berliner Fachstelle LARA aktiv – eine wichtige Anlaufstelle für Frauen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben. Darüber hinaus engagiert sie sich für eine offene und solidarische Gesellschaft.
Worum geht es in Unsagbar?
Im Mittelpunkt steht die persönliche Geschichte von Jana Baumann. Sie erzählt chronologisch von der Vergewaltigung, die sie erlebt hat, und den schwierigen, oft widersprüchlichen Weg, den sie danach gegangen ist. Dabei spricht sie nicht nur über ihre Gefühle und Gedanken, sondern auch über strukturelle Themen wie das Verhalten von Polizei und Justiz, die Rolle von Scham und Schuld, sowie gesellschaftliche Debatten wie #MeToo.
Ergänzt wird ihre Perspektive durch die Kommentare von Anne Roth, die als Traumatherapeutin wichtige fachliche Hintergründe liefert und Einordnungen gibt.
Meine Meinung zum Buch
Jede siebte Frau in Deutschland ist laut Statistik von sexualisierter Gewalt betroffen – die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher. Umso wichtiger ist es, dass wir den Betroffenen zuhören. Dass wir nicht länger wegsehen. Dass wir unsere Solidarität mit den Opfern zeigen – nicht mit den Täter:innen. Und dass wir anfangen, über Täterverhalten zu sprechen, anstatt Mädchen und Frauen zu erklären, wie sie sich schützen sollen.
Natürlich ist Gewalt ein komplexes Thema, das nicht nur Frauen betrifft, und Täter sind nicht immer Männer. Aber Unsagbar zeigt sehr eindrücklich, wie sehr unser System noch versagt, wenn es um Gerechtigkeit und Heilung geht.
Das Buch hat mich tief berührt – und oft wütend gemacht. Nicht wegen des Stils, der ist klar, nahbar und respektvoll. Sondern weil es schmerzhaft ist zu lesen, wie unser Justizsystem mit Betroffenen umgeht.
Was ich besonders schätze: Jana Baumann betont immer wieder, dass sie hier ihren persönlichen Weg beschreibt – und dass dieser nicht für alle gilt. Nicht jede Betroffene kann oder möchte zur Polizei gehen oder ein Gerichtsverfahren durchstehen. Die Entscheidung es nicht zu tun verdient genauso Respekt, und das Buch hilft, die Gründe dafür besser zu verstehen.
Auch die Hinweise zu Beginn des Buches finde ich wichtig: Es wird offen darauf hingewiesen, dass der Inhalt triggern kann – und es werden gleich Anlaufstellen für Betroffene genannt. Sensibel, verantwortungsbewusst und notwendig.
Unsagbar ist ein mutiges Buch. Es gibt einer Betroffenen eine Stimme und zeigt zugleich, wie wichtig professionelle Begleitung sein kann. Es ist nicht leicht zu lesen – und soll es auch nicht sein. Aber es ist notwendig.
Ich bin Jana Baumann und Anne Roth sehr dankbar für dieses Buch. Für ihre Offenheit, ihre Worte, ihren Mut.
Gleichzeitig möchte ich betonen: Dieses Buch kann sehr emotional belasten. Es ist absolut legitim, sich selbst zu schützen und genau hinzuhören, ob man bereit ist, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
Deine Meinung ist gefragt
Hast du dich schon einmal mit sexualisierter Gewalt beschäftigt? Wie stehst du zu Gerichtsverfahren in solchen Fällen? Was denkst du über Täter:innen, was über die Opfer?
Schreib mir gern deine Gedanken in die Kommentare – ich freue mich über den Austausch.